Eine kurze Rückblende: Als mit Jahresende 2019 die österreichische Hotelbranche eben erst ihr bisher erfolgreichstes Jahr hinter sich gebracht hatte, brach mit Mitte März 2020 ein gänzlich neues Zeitalter herein, das die Unternehmerinnen und Unternehmer von einem Tag auf den anderen vor ihre schwierigste Herausforderung stellte. Niemand konnte sich vorstellen, so jäh aus der Erfolgsspur geworfen zu werden und die Eingangstore und Lobbys der Hotels für so lange Zeit unverschuldet schließen zu müssen.
Nach nunmehr knapp zwei Jahren Coronavirus-Pandemie sind die Aussichten auf eine Zeit wie vor 2020 immer noch nicht gegeben und ist ein Wirtschaften unter instabilen und volatilen Rahmenbedingungen das neue Normal vor allem in der Tourismuswirtschaft geworden.
Wie ist es dabei den österreichischen Beherbergungsbetrieben in diesem ersten Krisenjahr wirtschaftlich ergangen? Die Datenbasis aus Jahresabschlüssen unserer Kunden ist mittlerweile breit genug, um dazu einige Tendenzen herausfiltern zu können. An dieser Stelle ist allerdings anzumerken, dass es sich bei unserem Sample traditionell um österreichische Spitzenbetriebe der Beherbergungswirtschaft bzw. um die investierende Qualitätshotellerie handelt. Das ist der Grund, warum mitunter die Branchenkennzahlen anderer Institutionen oftmals differenzierter ausfallen und ein Querschnitt durch die gesamte Branche mit unserer Datenbasis nicht empirisch argumentierbar ist.
Im Allgemeinen zeigt sich: je größer der Betrieb, je städtischer der Standort und je internationaler das Stammgästepublikum, desto deutlicher waren die negativen wirtschaftlichen Effekte der Krise. Hier führten massiver Umsatzrückgang, höhere Verbindlichkeiten durch Überbrückungsfinanzierungen, Verbrauch von Reserven und durchgängig rückläufige Nachfrage (vor allem in Geschäfts- und Städtetourismus) zu deutlich geringeren Betriebsergebnissen bis hin zu herben Verlusten.
Einem großen Teil der österreichischen Betriebe gelang es aber unter höchst persönlichem Einsatz der Unternehmerinnen und Unternehmer – wohl auch mit unterstützenden Hilfsmaßnahmen – die Krise als Chance zu sehen und versorgte eine steigende Nachfrage nach sicherem, individuellerem und qualitativerem Urlaub mit perfekt ausgestalteten Urlaubsangeboten von Frühsommer 2020 bis hinein in den späten Herbst, bevor sich eine weitere Pandemiewelle ankündigte.
Generaldirektor Mag. Wolfgang Kleemann
Zeitgleich wurde ab Herbst 2020 beginnend eine Welle an qualitätsverbessernden Investitionsmaßnahmen losgetreten, die sich in einem steigenden Anlagevermögen widerspiegelt. Im Umlaufvermögen blieben mitunter hohe Forderungen aus Kundengeldern und Anzahlungen stehen, die erst Zug um Zug zu späterer Zeit wieder abgebaut werden können. Verspätete Auszahlungen von Hilfsmaßnahmen wie der AMS Kurzarbeitshilfe sorgten zu Jahresende dort und da zu erhöhten liquiden Mitteln. Insgesamt zeigt sich also bilanzseitig eine Ausweitung sowohl der Aktiva als auch der Passiva (gestundete Kredite, neue Überbrückungsfinanzierungen, Kurzfristiges, etc.). Erfreulicherweise konnte das Verhältnis zwischen Eigenkapital- und Fremdkapitalquote stabil gehalten werden. Die Eigenkapitalbasis hat durch unternehmerseitige Einlagen auch nicht gelitten. Ein österreichisches 4* Hotel ist im Median mit einer Eigenkapitalquote von rund 15% ausgestattet. Die aktuelle (fiktive) Schuldentilgungsdauer beträgt rund zehn Jahre.
Während die beiden URG-Kennzahlen konstant bleiben konnten, verschlechterten sich die Verschuldungskennzahlen. Das Umsatz-Schulden-Verhältnis liegt bei knapp über 2, d.h. ein Hotelbetrieb hat mehr als doppelt so viele Schulden, wie er 2020 Erlöse erwirtschaften konnte. Die Verschuldung je Zimmer stieg von rund EUR 85.000 auf knapp EUR 91.000. Die Hotelunternehmen sind krisenbedingt daher bei weniger operativem Umsatz mit deutlich höheren Verbindlichkeiten konfrontiert, die es in den kommenden Jahren wieder kontinuierlich abzubauen gilt.
Zu den deutlich verringerten betrieblichen Erlösen kamen 2020 freilich auch die außerordentlichen Zuschüsse und Hilfen in Zusammenhang mit der Coronavirus-Krise hinzu. Diese gelten in unserem Bilanzauswertungsschema – als betriebliche Erträge neben den ordentlichen Umsatzerlösen verbucht – formal zu den Betriebseinnnahmen. Das vermeintliche Betriebsergebnis signalisiert daher derzeit eine steigende Tendenz gegenüber dem Vorjahr, rein operativ betrachtet zeigen sich auf einzelbetrieblicher Ebene allerdings überwiegend herbe Einbußen (bis hin zu negativen GOPs). Traditionellerweise bekommen wir nach Abschluss eines Wirtschaftsjahres immer die Zahlen der größeren und wirtschaftlich stabileren Hotelbetriebe zuerst. Die regelmäßige Kennzahlenauswertung zeigt, je dichter die Datenbasis wird, umso schlechter werden die Medianwerte hinsichtlich Umsatzentwicklung, GOP und Auslastung.
Nichtsdestotrotz ist vor allem eines für dieses erste Krisenjahr anzumerken: Durch Einsatz von betrieblichen und auch persönlichen unternehmerseitigen Reserven, ein hochqualitatives krisenadaptiertes Urlaubsangebot, was sich in einer deutlich besseren Preisdurchsetzung äußerte und die vielfältigen, mit Augenmaß gesetzten Unterstützungsmöglichkeiten konnte die Herausforderung „Coronavirus-Pandemie“ im Jahr 2020 tapfer angenommen werden. In der Zwischenzeit musste allerdings ein weiteres Krisenjahr bewältigt werden….