Die Diskussion um „unbalanced tourism“ hört nicht auf und ist wohl auch einer der Gründe, warum der Plan T sich so intensiv damit befasst, touristischen Destinationen nicht nur die Aufgabe zuzuschreiben, die Ansprüche unserer Gäste zu erfüllen, sondern sie vor allem als qualitätsvolle Lebensräume definiert, in denen sich sowohl die Gäste als auch die Bevölkerung wohlfühlen – sei es in der Stadt oder am Land. Auch die UN-Welttourismusorganisation (UNWTO) setzt dieses Ziel und spricht davon, dass „… Tourismus … die Bedürfnisse der Gäste, der Tourismuswirtschaft, der Umwelt sowie der heimischen Bevölkerung …“ berücksichtigen muss. Das funktioniert nur, wenn es gelingt, die positiven Wirkungen des Tourismus im Bewusstsein der Ortsansässigen zu verankern und damit Urlaubs- und Lebensraum als Einheit zu verstehen. Berlin – eine Stadt, die durchaus das eine oder andere Merkmal von „overtourism“ zeigt – hat das schon vor Jahren erkannt und mit einer Initiative „Gast in der eigenen Stadt“ Berliner eingeladen, ein Wochenende in einem Hotel in ihrer eigenen Stadt zu verbringen. Großartig, dass auch in Wien so eine Initiative gesetzt wurde. Von 11. auf 12.1. haben zahlreiche Wiener Spitzenhotels Zimmer zu einem Sonderpreis an „Einheimische“ vermietet und ihnen damit gezeigt, wie viel Engagement, Internationalität aber auch Lebensqualität hinter ihren Angeboten steht. Mit Skepsis haben viele gewartet, ob sich die Wiener dafür interessieren und siehe da: Die 560 verfügbaren Zimmer waren innerhalb von zwei Tagen bereits ausgebucht. Wenn ich jetzt einmal Doppelbelegung der Zimmer unterstelle, haben also 1.120 „Einheimische“ gesagt, wir wollen so ein Hotel einmal „von innen“ sehen und irgendwie kann das doch ein erster Schritt sein, Hotels nicht nur als einen Platz für Touristen zu sehen, sondern sie als Teil des eigenen Lebensraumes wahrzunehmen – quasi als Internationalisierung des eigenen Horizonts. Und vielleicht lernen aus derartigen Initiativen nicht nur die „Einheimischen“ dazu, sondern auch die Hotellerie und überlässt nicht kampflos jedes Shopping außerhalb der Geschäftszeiten den Tankstellenshops, sondern wird zum „Grätzel-Nahversorger“.
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