– Bilanzanalyse heimischer Hotelbetriebe entkräftet Vorwurf der Inflationstreiberei im Tourismus
– Preissteigerungen decken Inflation nicht ab – operative Betriebsergebnisse rückläufig
Die Kooperationspartner Österreichische Hotel- und Tourismusbank (OeHT) sowie die Tourismus-Beratungsunternehmen Kohl > Partner und Prodinger haben die vorläufige Bilanz von österreichweit über 200 repräsentativen Hotelbetrieben analysiert. Ziel davon war es – wie auch bei den bisherigen Fitnesschecks, den größten österreichweiten Branchen-Benchmarkvergleichen – bereits erste Erkenntnisse und Trends abzulesen, wie sich das Jahr 2023 betriebswirtschaftlich im Vergleich zu 2022 entwickelt hat.
Hotellerie und Gastronomie durchleben derzeit herausfordernde Zeiten. Einerseits sind die Betriebe mit dem Vorwurf konfrontiert, aufgrund ihrer überdurchschnittlichen Preissprünge „Inflationstreiber“ zu sein. Andererseits zeigt die vorliegende Analyse, dass sie trotzdem real an Ertrag verlieren. Konkret wuchsen die Umsätze im Österreich-Tourismus um 7 bis 10 % zwischen 2022/23, das operative Betriebsergebnis (GOP) verschlechterte sich jedoch im selben Zeitraum um 3 bis 5 Prozentpunkte.
Erkenntnisse aus 2023: Preise, Auslastung und damit Umsatz mit zu geringem Anstieg
- Auslastung & Umsatz mit zu geringem Anstieg: Die Auslastung der touristischen Betriebe zeigte 2023 im Vergleich zum Vorjahr zwar eine positive Tendenz, aber insgesamt nur eine leichte Verbesserung. Durch eine Steigerung der Preisdurchsetzung von durchschnittlich 5 bis 8 % konnte 2023 ein Umsatzplus von 7 bis 10 % erzielt werden. Die tatsächliche Steigerung der Preisdurchsetzung in der Ferienhotellerie war in diesem Wirtschaftsjahr auf einem ähnlichen Niveau wie der Verbraucherpreisindex, der laut Statistik Austria 2023 bei +7,8 % lag.
- Überproportionale Kostensteigerung in vielen Bereichen: Einer der größten Kostentreiber in der Branche waren die Lebensmittelpreise. Die Kosten für den Küchenwareneinsatz pro Nächtigung stiegen im Jahr 2023 um bis zu 15 %. Die Sachkosten blieben auf den ersten Blick stabil. Bei genauerer Betrachtung wird deutlich, dass gestiegene Energiekosten und allgemeine Inflationsanpassungen durch Einsparungen kompensiert werden konnten. Diese Einsparungen wurden jedoch häufig durch aufgeschobene Instandhaltungen und Einsparungen im Marketing erzielt.
- Mitarbeiterkosten stiegen aufgrund der angespannten Arbeitsmarktlage: Bei den Mitarbeiterkosten gab es eine deutliche Erhöhung. Die Mitarbeiterkosten, die den größten Kostenblock in der Hotellerie darstellen, sind deutlich stärker gestiegen als die Erlöse. Durch die angespannte Arbeitsmarktlage sind die Bruttolöhne zuletzt bei gleichzeitig sinkender Arbeitszeit gestiegen. Dadurch hat sich die Mitarbeiterkostenquote um 1,5 bis 3 Prozentpunkte erhöht. Dieser Trend wird sich aller Voraussicht nach auch 2024 weiter fortsetzen.
- Preissteigerung deckt Inflation nicht ab – rückläufige GOPs: Besonders aussagekräftig ist die Entwicklung des Bruttobetriebsergebnisses (Gross Operating Profit/GOP) im Tourismus. Im Branchendurchschnitt sind die GOPs im Vergleich zu 2022 deutlich rückläufig und in absoluten Zahlen um 4 bis 7 % gesunken. Dies verdeutlicht, dass die Preissteigerungen in der Branche die Inflation im Schnitt nicht abgedeckt haben. In der Folge sank die GOP-Quote in der Hotellerie um 2 bis 4 Prozentpunkte.
Im Wirtshaus wird über die hohen Preise gejammert. Zeitgleich klagt der Hotelier über sinkende Margen. Aber eines ist Fakt: Der Tourismus hat es nicht geschafft, die Preisdurchsetzung in Höhe der eigenen Kostensteigerung zu erhöhen. Daraus ergeben sich sinkende Betriebsergebnisse, wodurch in Kombination mit dem hohen Zinsniveau Investitionen in Zukunft immer schwieriger werden.
Stefan Brida, von Kohl > Partner
Empfehlungen für 2024: Fokus auf Preisgestaltung, Mitarbeitereinsatzplanung und Kostenmanagement
1. Preisgestaltung professionalisieren: Im Jahr 2023 war auffallend, dass sehr viele Betriebe bereits mit hohen Preissteigerungen in die Saison gestartet sind. Mit kurzfristigen Angeboten und Rabatten in den schwachen Nachfragezeiten relativierte sich dies jedoch oftmals und die tatsächliche Preisdurchsetzung verschlechterte sich wieder. Es wird weiterhin einen gewissen Mut zum Preis brauchen, jedoch wird eine feinfühlige Optimierung in puncto Saisonzeiten, Zimmerkategorien, Aufenthaltsdauer und Buchungsbedingungen durch ein professionelles Revenue Management immer wichtiger.
2. Fokus auf Mitarbeitereinsatzplanung: Angesichts der Kollektivlohnsteigerungen in 2024 um durchschnittlich knapp 8 % ist es essenziell, die Mitarbeitereinsatzplanung sorgfältig zu gestalten. Es sollte darauf geachtet werden, Überstunden und Urlaubstage in schwachen Zeiten abzubauen, um die Personalkosten zu optimieren. Eine effektive Planung und Verwaltung der Arbeitszeiten können dabei helfen, Kosten zu sparen und die Effizienz zu erhöhen ohne, die Qualität der Dienstleistungen zu beeinträchtigen.
3. Kostenkontrolle weiter intensivieren: Ein detaillierter und kritischer Blick auf die Kostenstruktur wird 2024 ebenfalls weiterhin unabdingbar sein. Es gilt, das bestehende Geschäftsmodell zu hinterfragen und mögliche Anpassungen vorzunehmen sind, um die langfristige Wettbewerbsfähigkeit zu sichern. Durch ein stringentes Kostenmanagement (Optimierung des Einkaufs, Anpassung des Angebots, Standardisierung der Abläufe, …) können ineffiziente Ausgaben identifiziert und eliminiert werden, wodurch die Betriebe ihre Profitabilität trotz herausfordernder Rahmenbedingungen erhalten können.
Erträge und Kosten unter Kontrolle zu haben und strategisch zu steuern ist das Gebot der Stunde. Es geht längst nicht mehr um Gewinnoptimierung, sondern möglichst um den Erhalt von positiven Betriebsergebnissen!
Marco Riederer von der Prodinger Tourismusberatung
Zu einer ähnlichen Erkenntnis kommt auch Sonja Rauch-Beran, die seitens OeHT für den Fitnesscheck verantwortlich zeichnet.
Die Betriebe konnten 2023 sowohl Auslastung als auch Preisdurchsetzung steigern. Dies spricht für eine erfolgreiche Produktpositionierung am Markt. Die deutlich spürbaren Aufwandssteigerungen konnten im Pricing nicht in vollem Umfang abgefedert werden, was zu einem rückläufigen operativen Ergebnis führt. Um den Wertschöpfungsbeitrag des Tourismus und die betriebliche Liquidität zukünftig sicherzustellen, bedarf es eines Bündels an unterschiedlichen Maßnahmen, die von der Optimierung von betrieblichen Prozessen bis hin zu noch stärker auf die individuellen Bedürfnisse der Gäste ausgerichteten Angebote reichen.
Sonja Rauch-Beran, OeHT
Der detaillierte Fitnesscheck 2024 samt den Kennzahlen nach Betriebstypen wird voraussichtlich im Oktober 2024 veröffentlicht. Heuer werden erstmalig aktuelle ESG-Kennzahlen mit aufgenommen.